Dienstag, 21. Februar 2017

Schlaflos, wütend und traurig..

..und voller Angst.
Ja, ich habe auch den Bericht auf RTL gesehn, Wallraff deckt auf, Missstände in "Einrichtungen" für behinderte Menschen. Und ja, man kann jetzt lange darüber diskutieren wie seriös dieser Sender ist, mit welchen Methoden aufgedeckt wird und dass es ja "nur Einzelfälle" sind.

Ich kann und will es nicht verstehen wie man so mit Menschen umgehen kann, die wehrlos sind, die auf die Hilfe anderer angewiesen sind.

Vor kurzem hab ich schon einmal darüber geschrieben dass mir die Schulwahl von Agnes solche Bauchschmerzen bereitet. Heute habe ich erfahren dass es Einzelinklusion in Baden Württemberg gar nicht gibt. Das heißt, es ist gar nicht möglich wie in anderen Bundesländern sie hier am Ort einschulen zu lassen, es ist hier nicht vorgesehen dass sie in eine Regelklasse gehen kann mit Schulbegleiter und einem Sonderpädagogen der stundenweise da ist. Ich kann sie für die Inklusion bis Dezember anmelden, dann sammelt das Schulamt alle Anträge vom Landkreis und dann wird entschieden, welche Kinder man zusammen in eine Gruppe stecken kann und welche Schule dafür geeignet ist. Das kann unter Umständen auch eine Schule sein die 30 km weit weg ist.

Momentan kann ich mir noch gar nicht vorstellen dass sie überhaupt in eine Schule geht. Für mich ist der Regelkindergarten den sie besucht ein geschützter Ort, an dem sie akzeptiert ist und überall dabei ist. Ich habe engen Kontakt mit den Erzieherinnen und mit den anderen Eltern.

Die Vorstellung dass sie morgens in einen Bus einsteigen wird der sie abholt und nachmittags wieder bringt, sie mir nicht erzählen kann was sie getan hat, was andere zu ihr gesagt haben oder wie ihr Tagesablauf war, ist, hmm..mir fehlt das richtige Wort.

Natürlich gibt es Mitteilungshefte oder andere Möglichkeiten wie den Big Button, wo Nachrichten aufgesprochen werden können. Und natürlich muss ich auch loslassen lernen..

Wie oft habe ich das schon gehört...DU MUSST LOSLASSEN... ES IST NICHT GUT DASS SIE SO AUF DICH FIXIERT IST... und DU KANNST SIE NICHT IMMER BESCHÜTZEN...

Nein, kann ich nicht, und ich kann auch loslassen wenn ich mir sicher bin dass da wo sie ist, sie gut aufgehoben ist und verstanden wird.

ABER: Wissen diese Menschen die mir so tolle Ratschläge um die Ohren hauen, wie es ist, wenn man seine 5 Monate alte Tochter an der OP Tür einem Ärzteteam überlassen muss und nicht weiß wie die Herz OP verlaufen wird? Wissen diese Menschen wie es sich anfühlt wenn man nach einem 1,5 stündigem Aufklärungsgespräch unterschreiben muss dass man über alle Risiken der OP Bescheid weiß?  Haben diese Menschen eine Ahnung wie einem das Herz blutet wenn man nach 8 Stunden seine Tochter endlich sehen darf und denkt: das ist sie doch nicht, so sah sie heute morgen nicht aus, diese ganzen Drähte und Schläuche, natürlich notwendig um zu überwachen?
Wie weh es tut wenn die Krankenschwester vor der Extubation zu einem sagt, dass das jetzt schwierig wird weil "solche Kinder" da nicht gut mitmachen?

Wahrscheinlich sagt Agnes so oft zu mir "NIT SINGA" weil ich bei der Extubation "You are my sunshine" in Dauerschleife gesungen habe und es wird nicht nur daran gelegen haben aber es ging problemlos und sie hat alleine geatmet!

Ich habe ihr von Anfang an gesagt, dass ich IMMER für sie da sein werde und sie beschützen werde, wo ich nur kann. Sie wird nicht in Watte gepackt und ich fördere ihre Selbstständigkeit wo immer es geht und manchmal vergess ich es auch. So what??

Ich höre auch oft, dass ich mich zu sehr mit dem Thema DS beschäftige, ob mir das wirklich was bringt. Ja, es ist ein großer Teil in meinem Leben aber nicht alles. Zur Zeit ist es wieder intensiver da ich versuche, möglichst viele Informationen und Möglichkeiten über die Beschulung zu bekommen.

Was ich mir wünsche, ist die bestmögliche Schulart für sie zu finden, wo sie als Mensch gesehen wird, als Agnes mit ihren Stärken und Schwächen, und nicht als "Downie" oder Belastung. Sie soll in ihrem Tempo lernen dürfen, selbstständig werden und zwar in einem Umfeld in dem sie sich wohlfühlt.

Ich weiß dass das ein großer Schritt für sie sein wird, und für mich auch, und deshalb muss er gut überlegt sein.

Und ich glaub solange wir dabei noch so viel Spaß haben können wie gestern in der Wilhelma, kann es nicht falsch sein..





Sie wird ihren Weg gehen, irgendwann auch ohne mich...  :-)


2 Kommentare:

  1. Liebe Astrid, ich habe mich auch ewig mit der Wahl der richtigen Schule für Toni beschäftigt und kann die schlaflosen Nächte nicht zählen, die mir das bereitet hat nicht zählen! Ich war so erleichtert und froh, als wir uns endlich einigermaßen zu einer Entscheidung durchgerungen hatten. Die Schule, die es nun geworden ist, war nicht meine erste Wahl, aber alle Bedenken, die ich hatte haben sich zum Glück NICHT bestätigt. Es war genau die richtige Entscheidung. Und es ist nie eine Entscheidung für die Ewigkeit. Ich schließe einen Schulwechsel nach 4 Jahren nicht aus. Ach ja, mittlerweile bin ich echt allergisch gegen das Wort "loslassen" . Für mich hat das was mit "fallenlassen" zu tun und das macht mir Angst. Ich finde das Wort "zulassen" in diesen Momenten viel angebrachter. Ich lasse meinen Sohn nicht los, aber ich lasse zu. Und das fühlt sich gar nicht so schlecht an 😉 Liebe Grüße, Iris

    AntwortenLöschen

wir freuen uns auf eine Nachricht oder Kommentar von Euch :-)