Samstag, 25. Februar 2017

Respond but don`t react...

wenn man diese beiden Begriffe ins Deutsche übersetzt bedeuten beide : reagieren

Jetzt gibt es aber diesen feinen Unterschied, den David Stein, Psychologe aus Boston  in seinem Buch erklärt:

Das Coverfoto ist übrigens von Conny Wenk :-D

Aber worum geht es überhaupt? Kindern oder überhaupt Menschen mit DS wird nachgesagt, dass sie stur sind, ausreißen, in Sitzstreik treten oder so eine Art "Klassenclown" sind.

Das eine oder andere durfte ich auch schon kennen lernen ;-)

Was bei Agnes wirklich ausgeprägt ist, ist das Weglaufen, sie dreht sich nicht einmal um um zu sehen ob ich noch da bin. Oder sich auf den Boden werfen. Ganz egal wo wir sind, wie nass oder schmutzig der Boden ist und welche Leute um uns herum sind. Vor kurzem hab ich von diesem Buch gehört und dachte: DAS IST DIE LÖSUNG!

Zuerst erklärt Stein wie das Gehirn von Menschen mit DS funktioniert.  Ich kürze das hier stark ab, damit es keine wissenschaftliche Abhandlung wird.

  • eine neue Information braucht sehr sehr viel länger um überhaupt im Langzeitgedächtnis abgespeichert zu werden
  • gelernt wird am besten über Visualisierung, dh. in Bildern da die Sprache ein großes Problem bei Menschen mit DS ist (natürlich gibt es wie immer Ausnahmen), durch Routine und viele viele Wiederholungen
Stein vergleicht das mit einer Reise ins ferne Ausland, z.B. Japan. Stellt euch mal vor, ihr seid in diesem Land, versteht die Sprache nicht, ihr kommt zum Arzt da ihr Schmerzen im Bein habt und im Krankenhaus reden sie ganz schnell mit vielen Worten auf dich ein, sie wollen dir erklären was gemacht wird aber du verstehst es nicht. Wenn dir aber jetzt Bilder gezeigt werden in der Abfolge wie was mit dir gemacht wird und was das Ergebnis am Ende sein wird hast Du wahrscheinlich immer noch Angst aber nicht mehr auf diesem hohen Level.

Diese Bildabfolgen heißen "Social Stories" und man kann sie z.B. zum Thema Haare schneiden, Arztbesuch, Blutabnahme, Haare waschen, uvm machen.

Jetzt zum Thema das mich am Meisten interessiert hat: wie reagiere ich wenn sie sich auf den Boden schmeißt oder andere Verhaltensweisen zeigt die im Alltag schwierig sind ?

Und da erklärt er den Unterschied zwischen react und respond.
React ist wenn man spontan, reflexartig und emotional auf eine Situation reagiert, respond dagegen heißt man reagiert überlegen, ohne Emotionen, kurze klare Worte.

Menschen möchten immer Aufmerksamkeit, und es ist manchmal egal ob positiv oder negativ. Jeder der mit Kindern zu tun hatte kennt diese Trotzphasen. Jetzt wachen aber Kinder nicht morgens auf und überlegen wie sie es uns heute schwer machen können. Dieser Trotz (oder anderes "Missverhalten") ist ein Zeichen dafür dass sie etwas nicht anders ausdrücken können, bzw. ihnen die Worte oder das Verständnis fehlen.
Wenn wir uns vorstellen, wir gehen jeden Tag zur Arbeit, alles wird vorgeschrieben was wir zu tun haben, wir verstehen nicht warum wir etwas genau so machen sollen, werden ständig verbessert und man bekommt oft zu hören was wir falsch machen. Wie lange würde uns das Spaß machen? 

Was heißt das jetzt konkret?


  • Im Vordergrund steht IMMER die Beziehung zu Deinem Kind bzw zu Deinem "Schützling"
  • positives Verhalten verstärken durch loben, große Gesten, Mimik, Augenkontakt, freundliche Worte
  • "unerwünschtes" Verhalten ohne Augenkontakt, Emotionen und mit knappen Worten auflösen
  • Visualisierung , Visualisierung und nochmal Visualisierung :-)
Bei uns hängt seit einigen Wochen dieser Planer mit verschiedenen Symbolen und Bildern:


Sieht jetzt unübersichtlich aus da alles angeklettet ist, aber kann es jetzt nicht fotografieren da er in ihrem Zimmer hängt ;-)

Der Sinn dahinter: für jeden Tag die Aufgaben bzw Ereignisse ankletten und dann weg nehmen.

Quasi ein virtueller Zeitplan.

Fürs Badezimmer kann man zB einen Abfolge mit Zähneputzen, Hände waschen, abtrocknen und anziehen machen, wenn alles abgearbeitet wird gibt es eine Belohnung, zB Lieblingsbuch vorlesen oder Spiel zusammen machen. (es geht nicht um materielle Dinge!)

Einkaufen ist auch so ein Stressfaktor.  Agnes läuft vor mir her, sieht interessante Dinge im Regal die sie heraus zieht oder verschwindet in einem rasanten Tempo irgendwo zwischen den Reihen. Steins Tipp lautet hier:

  • Hauptzeiten mit vielen Menschen meiden
  • mit kurzen Einkaufstouren beginnen
  • eine Bildliste mit ca 4-5 Sachen machen die sie finden soll, sie hat etwas zu tun und ein Erfolgserlebnis weil sie helfen kann (man kennt ja in der Regel den Supermarkt und weiß in welcher Reihenfolge die Dinge kommen)  
Was mich wirklich überrascht ist der Erfolg den wir schon mit "sich auf den Boden werfen" haben.

Bisher lief es so ab:

Agnes geht zum Bäcker, möchte den Serviettenstapel abräumen, ich sage: Nein, nur Eine! Sie schmeißt sich auf den Boden, aalt sich da genüsslich und streckt alle viere von sich. Da ich eine Frau bin fällt es mir schwer, mich kurz zu fassen, also rede ich auf sie ein: Agnes, steh doch auf, der Boden ist kalt und schmutzig, deine Hose wird dreckig, komm mit in den Kindergarten, die anderen warten auf dich ...BLABLABLA...keine Reaktion...ich werde ungeduldig, strecke meine Hand aus und will ihr hochhelfen, sie weigert sich, ich wieder : AGNES STEH JETZT AUF, natürlich ohne Erfolg bis ich sie hochziehe wie einen Sack Kartoffeln weil sie sich hängen lässt. Stimmung so lala und der Weg zum Auto zieht sich unendlich.  

Jetzt läuft es so ab (ohne Schmarrn!)

Ausgangssituation wie oben, sie liegt auf dem Boden. Ich ignoriere sie, sag Tschüß zu den Verkäuferinnen und verlasse das Geschäft. (Ich seh sie schon aus den Augenwinkeln). 
Dann höre ich ein verzweifeltes Mama Mama Mama, sie steht auf und kommt mir hinterher. Dann drehe ich mich um und sage: das ist schön dass du zu mir kommst. Sie lacht, Situation aufgelöst.

Irgendwann soll es gar nicht mehr zum "auf den Boden schmeißen" kommen, aber ich finde für die kurze Trainigszeit ist das schon toll.

Ich wurde zwar letzte Woche in der Wilhelma böse angesehen als ich mich einfach umgedreht habe, aber das war mir egal. Die Leute reden ja sowieso ;-)

So werde ich mir jetzt nach und nach die einzelnen Situationen ansehen und die Menschen die mit ihr zu tun haben "einweisen", denn man sollte an einem Strang ziehen. Ansonsten probieren die Menschen mit DS ihr Verhalten so oft, bis sie die Aufmerksamkeit bekommen (Stein vergleicht das mit einer Jackpot Maschine: man drückt so lange auf den Knopf weil das nächste Mal könnte ja das große Geld kommen )

Für mich ein tolles Buch, das zwar auf Englisch geschrieben ist, dennoch leicht verständlich, Wenn ihr noch Fragen dazu habt, einfach her damit! Ich werde natürlich berichten, was sich noch als hilfreich erwiesen hat...

Hier noch ein paar Bilder aus der Wilhelma von letztem Sonntag:









  

Ich wünsche Euch noch eine schönes Wochenende!

2 Kommentare:

  1. So einen Plan will ich unbedingt auch für Jolina machen, vor allem will ich uns auch was Gutes tun, denn sie fragt täglich "Turne gehe?" uff, das ist aber nur Freitags, diesen Freitag war sie dann auch noch krank, arme Maus, sie liebt das Kinderturnen

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    1. Ich hab mich auch lange gedrückt aber es ist wirklich eine Hilfe..Gute Besserung!

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