Mittwoch, 26. Oktober 2016

Laune gut, alles gut...

ich hoffe mal, eine Tasse davon reicht..


..die Sorten "Hol dir Kraft" und "Dickes Fell" sind schon aufgebraucht ;-)


Ich fühl mich grad wie der Teebeutel, der da oben in der Tasse schwimmt. Es gibt Situationen da steh ich einfach nur da und weiß nicht, was ich sagen oder tun soll..



In die Offensive gehen, schlucken, was mir wie ein dicker Kloß im Hals steckt, oder erstmal abwarten und schauen wie ich die Situation in ein paar Stunden sehe?

Ich erzähl Euch mal was mich umtreibt...heute war wieder Tanzschule, Dancing Kids, tanzen ohne Leistungsdruck, der Spaß an der Musik und Bewegung sollen im Vordergrund stehen, ebenso die Förderung vom Sozialverhalten.

Soweit so gut.

Agnes freut sich schon drauf wenn ich sage dass heute tanzen ist, sie strahlt übers ganze Gesicht und sagt: Agnes tannnnzen

Bevor es losgeht, laufen die Mädchen im großen Spiegelsaal herum, Agnes will auch und lacht und läuft mit. Heute passierte es nicht zum ersten Mal dass ein Mädchen auf sie zu geht und sagt:

Du darfst aber nicht mitspielen!

Und zu den anderen :

Die läuft so komisch, und sie sieht auch komisch aus!

Da die dazugehörige Mama draußen mit ihrem Handy beschäftigt ist, bekommt die das nicht mit. Vor 2 Wochen habe ich diesem Mädchen erklärt dass Agnes noch nicht so lange laufen kann wie sie selber und jeder Mensch anders aussieht. Ändert aber nichts.

Jetzt ist das leider eine Situation, die tagtäglich in den Klassenzimmern oder auf dem Pausenhof  so oder so ähnlich statt findet. Dazu muss das Kind nicht mal behindert sein. Es reicht schon dass es rote Haare hat, nicht die neuesten Klamotten trägt oder dicker ist wie die anderen.

Was mich dann aber wirklich getroffen hat, war die Aussage der Tanzlehrerin am Ende der Stunde:

-Wieso war Agnes denn letzte Woche Donnerstag da und nicht am Mittwoch? war sie krank?

-Sie hatte Geburtstag und deshalb kam sie am Donnerstag mit ihrem Papa

-Ah ok..die Mädchen der Donnerstagsgruppe haben sie leider nicht akzeptiert und deshalb geriet die Stunde ins Stocken, es wäre besser wenn sie nur Mittwochs käme..nur so als Feedback

Und was mach ich jetzt mit diesem "Feedback" ???

Ich hab genickt und mich verabschiedet. Und seitdem rumort es in mir wie verschimmelter Käse.

Wäre es nicht vielleicht auch Aufgabe der Tanzlehrerin den anderen zu erklären dass es eben Kinder gibt die langsamer lernen oder manches nicht so schnell umsetzten können?

Wenn es jetzt hier in dieser "Freizeitsituation" schon ein Problem ist, wie soll das dann in der Schule werden?

Wir müssen uns langsam mit dem Thema Schule befassen, im Januar findet die Schuluntersuchung statt. Ich hab tausend Situationen im Kopf wo Agnes ausgegrenzt und ausgelacht wird. Es gibt die Möglichkeit sie inklusiv an einer Regelschule mit Schulhelfer zu beschulen. Sie wäre aber die Erste und wahrscheinlich auch die Einzige an dieser Schule. In den Nachrichten haben sie gebracht dass es kein Geld für Inklusion an deutschen Schulen gibt und deshalb viele Versuche zum Scheitern verurteilt sind.

Viele reden ja von dem "Schutzraum Förderschule", Gleichgesinnte unter sich (was heißt denn Gleichgesinnt bei den vielen unterschiedlich stark ausgeprägten Behinderungen?), aber was ist mit den Vorfällen bei denen z.B. ein Kind von einem anderen Kind geschlagen wurde da kein Betreuer dabei war? Am liebsten wäre mir eine Montessori Schule, die nächste ist aber in Stuttgart.
Es gibt eine freie Waldorfförderschule in der Nähe, die hatten aber auch noch kein Kind mit DS.

Auf Teufel komm raus ein Zeichen setzen? Nein...das Wichtigste ist dass Agnes zu einer selbständigen jungen Frau heranwachsen darf und kann, zuhause und in der Schule. Da werde ich noch einige Liter Tee trinken bis diese Entscheidung gefällt ist...

So, da der Tee jetzt wirkt erinnere ich mich lieber an die schönen Dinge heute und ich teile sie natürlich auch mit Euch:

Heute gab es für den Kindergarten eine Kasperltheater Aufführung in einer Halle im Ort. Zusammen mit der Leiterin  hatten wir vor ein paar Tagen besprochen dass sie es gerne probieren möchten, Agnes zu Fuß mitzunehmen.

Beim Abholen strahlten sie mich dann alle an und erzählten dass es gut geklappt hat. Mit der Motivation der anderen Kinder ist sie tatsächlich hin- und zurück marschiert und hatte viel Spaß bei der Aufführung. (Ohne einen winzigkleinen Sitzstreik auf dem Rückweg ging es dann doch nicht).



Lustig fanden sie auch ihre Reaktion auf ihre Pausenbrotalternative :-)


Bisher hat sie immer eine "Kastanie" dabei, so heißen bei uns die Laugenweckle..
Da sie aber nicht so schnell nach oben wächst wie ihr Gewicht steigt, probiere ich grad einiges aus.

Sie hat also ihre Box geöffnet, entsetzt in die Runde geschaut, Deckel drauf, Deckel wieder weg, vorsichtig in ein Karottenvollkornbrotherz gebissen und dann wollte sie es verschenken ;-)

Mittags wollte ich eine Erbse in den Nudeln verstecken, sie aß die Nudel und im Mund blieb was übrig? natürlich die Erbse ! Das muss man erstmal hinbekommen...

Sie war jedenfalls gestärkt genug um der Kindergarten- Ausschusssitzung beizuwohnen.

Ich mach mir jetzt noch einen Baldrian Tee, nicht dass sich die Nachbarn noch wundern warum ich so laut lach...



















Mittwoch, 19. Oktober 2016

5 Jahre "einfach Agnes"...

22.33 Uhr vor 5 Jahren..da ist sie geschlüpft meine "Große"..

Wir Frauen neigen ja dazu an diesem Tag ziemlich emotional zu werden. Die Erinnerung an die Geburt verblasst auch nach 20 Jahren nicht ;-)..Und dann schaut man zurück, wie aus diesem winzigen Menschlein ein selbstständiger Mensch wird. Bei meinem Großen ging es ziemlich schnell, Agnes lehrt mich Geduld und zeigt mir dass es nicht immer aufs Tempo ankommt.

Sie hat seit ihrem letzten Geburtstag eine wahnsinnige Entwicklung durchgemacht. Sprachlich überrascht sie mich immer wieder, genauso wie bei den Erledigungen im Alltag wie Tisch decken, Wäsche verräumen oder jetzt auch im Straßenverkehr. Sie kennt die Wege, die Ampeln und bleibt meistens an meiner Hand oder schiebt ihren Puppenwagen. Verlassen kann ich mich aber noch nicht darauf, deswegen wundert Euch nicht wenn ihr mich zusammen mit ihr unterwegs seht und ich vielleicht auf kein Winken reagiere. Ich bin mit meiner Aufmerksamkeit 100 % bei ihr und dem was um uns herum passiert. Sie ist inzwischen sehr schnell unterwegs und wenn sie ein bestimmtes Ziel vor Augen hat ist es ihr auch egal was ihr im Weg steht.

In den letzten Monaten habe ich gelernt wie wichtig es ist, dass ich auf mich achte und mir Auszeiten gönne. So haben meine Beste Freundin und ich uns spontan entschlossen, den Tag vor dem Geburtstag im Allgäu zu verbringen. Einfach mal raus, die Seele baumeln lassen und sich von schönen Düften bezaubern lassen. kennt ihr Primavera? Sie stellen Naturkosmetik und alles was mit Aromatherapie zu tun hat, her. Natürlich alles ohne Tierversuche. Auf der Heimfahrt habe ich gemerkt wir meine Batterie wieder aufgeladen war und wie gut es tut, wenn man mal etwas verrücktes tut...





Zuhause wartete dann noch eine tolle Überraschung auf mich:






Agnes ist Teil eines Gemeinschaftsbuchprojekts von Veit und Andrea Lindau und Dr.Rüdiger Dahlke. Das Buch könnt ihr hier bestellen:






 Der komplette Erlös geht an die Ich liebe Dich Stiftung die Kinder und Jugendliche unterstützt.

Heute morgen dann Punkt 6 Uhr hab ich sie singen gehört und hab schnell die Kerzen angezündet.



Ich habe noch nie so viele "WOWs" und in dieser hohen Stimmlage gehört..sie hat sich so gefreut und auch gleich mit dem Auspacken angefangen:









Im Kindergarten wurde sie auch freudig begrüßt und sie wollte auch gleich ihr Geburtstagsbuffet eröffnen, aber musste sich doch etwas gedulden. Mittags gings dann gleich weiter mit ihren Gästen. 

Es war so ein toller Tag für uns, sie hat Glückwunschvideos, Karten, Mails und Anrufe bekommen, vielen lieben Dank dafür! 

Und jetzt sind wir mal gespannt was sie im neuen Jahr alles erleben darf..




Montag, 10. Oktober 2016

"Schreibglück" Workshop in Baden-Baden mit Veit Lindau...

..und special guests...

Ich bin brezelfertig, aber an Schlaf ist noch nicht zu denken. In meinem Kopf rattert und qualmt es, glaub da werden grad einige Gehirnwindungen durchgespült ;-)

Muss mal ein wenig ausholen...vor einiger Zeit hatten wir ( Agnes Papa und ich) die Idee, zusammen ein Buch zu schreiben. Wir bekamen immer wieder tolle Rückmeldungen zum Blog, dann gab`s ja das Radiointerview und die Stuttgarter Nachrichten haben auch schon einen Artikel über uns geschrieben. Den Blog gibt es ja nicht nur weil es mir Spaß macht, die Idee dahinter ist, Ängste und Unsicherheiten abzubauen und zu zeigen dass die Diagnose Down Syndrom bei Weitem kein Weltuntergang ist.

Wir haben also angefangen zu schreiben, jeder so wie er bestimmte Situationen empfunden hat und dann die verschiedenen Sichtweisen zusammenzubringen. Wir dachten, ein Buch zu schreiben ist ja kein Hexenwerk und es dann selbst herauszubringen erst recht nicht.

Dann kam Veit Lindau mit seinem Kurs "Schreibglück" um die Ecke und ich meldete mich an. Ich erfuhr wie hart das Leben eines Verlegers ist, wie viele Manuskripte und Exposés tagtäglich auf deren Schreibtisch landen, wie man überhaupt ein Exposé schreibt und auf was es ankommt.

Damit war ich erstmal überfordert und durch unsere neue private Situation verschwand das alles erstmal in einer unteren Schublade.

Bis vor ein paar Wochen die Einladung zum Workshop kam. Ich war sofort Feuer und Flamme, überlegte nicht lange und meldete mich an. Es war eine große Chance, 3 Verleger vor Ort zu treffen, sie mit Fragen zu löchern und Tipps zu bekommen. Ulrich Erlenspiel vom Random House Verlag, Joachim Kamphausen von der Kamphausen Mediengruppe und Cornelia Linder vom Sheema Verlag.

Tja, und dann rückte der Termin immer näher, und ich saß ziemlich verzweifelt vor dem fertigen Exposé. So kann ich es doch nicht mitnehmen! Ich kann doch kein Buch vorstellen das so ja irgendwie nicht mehr stimmig ist! Natürlich hat sich an den vergangenen Begebenheiten nichts geändert, aber momentan ist es einfach noch schwierig, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Zu viele Dinge sind noch nicht geklärt bzw eingespielt. Und dann war der innere Druck so groß, dass ich beschloss, loszulassen und  einfach meinem Gefühl zu folgen.

So begann der heutige Tag ziemlich emotionsgeladen, der erste ganze Tag alleine für mich seit langem, dazu die erste Übernachtung für Agnes bei Papa. Vorfreude mischte sich mit Traurigkeit. Mit jedem Kilometer den ich  im Auto nach Baden-Baden unterwegs war wuchs die Aufregung und ich war einfach nur neugierig was der Tag so bringen wird.

Als ich den runden Saal im Kurhaus betrat sah ich mich erstmal ehrfürchtig um. WOW! So viele kreative Menschen auf einem Haufen und ich mittendrin! Auf dem Stuhl lag folgendes:


Ja dann kann`s ja losgehen :-)

Zuerst sprach Veit selbst, es folgten Übungen mit unserem Buddy, dem Sitznachbarn und dann kamen die Verleger zu Wort. 

Das ist der Veit:



Und das Ulrich Erlenspiel..ok..viel erkennt man nicht, ich war zu beschäftigt mit  Zuhören und Notizen machen...


In den Pausen gab`s dann die Speeddatings, es stellte sich aber schnell heraus, dass unser Buch nicht in deren Programm passt.

Drum herum habe ich so viele wunderbare Frauen (es waren schon auch Männer da ;-)) kennen gelernt, jede mit einer Knaller Idee im Gepäck, andere sogar schon mit fertigem Buch in der Hand. Mittags haben wir beim Buffet zugeschlagen, wobei viel Essen konnten wir gar nicht da die Gespräche so intensiv waren. Neudeutsch heißt das ja : Networking ...

Als Beweis hier ein Bild mit Andrea Lindau:


Ab 20.00 Uhr wurde es dann richtig spannend. 20 aus über 200 durften ihr Projekt dem Publikum vorstellen, für 5 Minuten gehörte einem die Bühne und anschließend bekam man ein kurzes Feedback.

Gebannt sass ich auf meinem schon ziemlich platt gesessenem Hintern und war so aufgeregt und lauschte den anderen Autoren und Autorinnen und ihren zum Teil sehr aufwändigen Vorstellungen.

18 waren schon an der Reihe als ich meinen Namen hörte..Ich glaub soviel Adrenalin ist das letzte mal bei der Geburt durch meinen Körper gerast. Ich ging auf die Bühne (oder stolperte?), nahm das Mikrofon und platzierte ein großes Foto von Agnes auf der Flipchart. 

Wie in Trance sagte ich: ich möchte euch gerne mein / unser Buch:  

EINFACH AGNES - WIR ROCKEN DAS LEBEN MIT EINEM ZUSATZCHROMOSOM

vorstellen. Ich berichtete wie es dazu kam, warum es das Buch geben soll, dass es sich schon lohnt wenn auch nur ein Paar sich dazu entschließt, sich auf dieses Abenteuer einzulassen oder wenn auch nur ein Mensch seine Einstellung zu behinderten Menschen  ändert.

Entsetzte Gesichter als ich von der HNO Ärztin erzähle, die ohne uns zu begrüßen mich mit der Frage konfrontiert, ob "DAS" denn in der heutigen Zeit wirklich noch sein muss. 

Großes Gelächter als ich erklärte, dass man keinen Heiligenschein braucht um ein Kind mit einer Behinderung groß zu ziehen und dass mir auch noch keiner gewachsen ist.

Riesenbeifall als ich sagte, dass es meiner Meinung nach nicht sein kann dass ein Mensch sich schon im Mutterleib einer Prüfung unterziehen muss und dann entschieden wird ob er oder sie ein Recht auf Leben hat. Das hab ich übrigens von Martinas FB Seite Jolinas Welt "geklaut".


Was genau ich noch alles erzählte, kann ich gar nicht mehr sagen, es war aber eine tolle Erfahrung, hinterher bekam ich noch ein paar persönliche Rückmeldungen die mich wirklich sehr berührten.

Ja, und jetzt heißt es, ran an die Tasten und das Buch mit noch mehr Leben füllen ;-)

Kommt gut in die neue Woche,
Eure Astrid 





Samstag, 1. Oktober 2016

Familiennachmittag von 46plus in Fellbach...

Jetzt dachte ich, ich kann Euch heute tolle Bilder vom Bauernhof zeigen, es war geplant, Äpfel zu sammeln, Saft daraus zu pressen und abzufüllen, Kartoffeln glauben, Pferde striegeln und Hasen zu streicheln...Wir haben uns zum Familiennachmittag von 46plus Down Syndrom e.V. angemeldet, war schon gespannt ob wir bekannte Familien treffen und wie viele Kinder da sein würden.

Der Eimer und die Flasche war eingepackt, Matsch- und Wechselklamotten auch, nur ich war im T-Shirt unterwegs. Ich bewundere ja diese Familien die IMMER ALLES dabei haben, ausgerüstet sind für alle Eventualitäten. Für Agnes hab ich auch immer alles dabei, ich bin noch nicht so wirklich ausgestattet ;-)

Das Wetter war so "naja" es tröpfelte immer wieder leicht, Agnes vermisste ihren neuen Elsa Regenschirm, der spurlos verschwunden ist. 

Wir machten uns also auf zur Streuobstwiese, der Abstand zu den anderen wurde immer größer und trotz gutem Zureden hielt sie mehrerer Sitzstreiks ab. Dann bekam sie glasige Augen, wurde ganz weiß im Gesicht und die Stirn war heiß. Ich sah die anderen ziemlich weit vorne einen Hügel hinauflaufen und beschloss: Wir kehren um!

Nach 20 Minuten hatten wir das "rettende" Auto erreicht und sie trank erstmal einen halben Liter Wasser, schlief dann fast ein und ich glaube sie war froh, zu hause zu sein.Wir machten uns einen kuscheligen Abend und jetzt bin ich mal gespannt, ob sie etwas ausbrütet.  

Ein paar Fotos konnte ich auf dem halben Hinweg doch machen:






Sie kann schon auch schnell wenn sie will ;-)

Morgen früh ist Erntedankgottesdienst mit dem Kindergarten, ich freu mich schon drauf.

Wünsch Euch einen entspannten Sonntag!